„Und ausgerechnet ihr bleibt still“

In der „Zeit“ vom 14.09.2017 habe ich im Dossier habe ich mit großem Interesse den Artikel „Und ausgerechnet ihr bleibt still“ gelesen, in dem sich der Autor darüber wundert, weshalb junge Deutsche ihre prekären Arbeitsverhältnisse akzeptieren, statt für mehr Gerechtigkeit auf die Straße zu gehen. Dazu habe ich mir ein paar Gedanken gemacht, an denen ich Euch teilhaben lassen will:

Ich denke, die Wurzeln für die Zurückhaltung beim „Sich beschweren“ über die Arbeitsverhältnisse für Berufsanfänger liegen tiefer. Es liegt womöglich daran, dass die Menschen nach dem verlorenen Weltkrieg zugunsten des Wiederaufbaus ihre persönlichen Interessen den Anforderungen von Arbeitsmarkt und Gesellschaft untergeordnet haben. „35 Jahre lang Haken für den Duschvorhang“, sozusagen. Es wurde schlicht und ergreifend das gearbeitet, was gefragt war. Für die materielle Sicherheit haben die Menschen freiwillig und unaufgefordert Selbstverwirklichung & Co ins Rentenalter verschoben …

Die (Groß-)Eltern der heutigen Jung-Akademiker verzichteten also auf etwas, das die junge Generation wertschätzt und als Fortschritt empfindet: eine selbstbestimmte Berufs- und/oder Studienwahl. Dafür bringt sie nun ihrerseits ebenfalls freiwillig und unaufgefordert ihr Opfer: die materielle Sicherheit.

Das Problem liegt darin, dass sowohl Jung als auch Alt davon überzeugt sind, diese beiden Alternativen wären eine klares Entweder Oder. Wer das Studium nach Herzenswunsch statt nach Arbeitsmarktanforderungen wählt, opfert  die Sicherheit und muss damit leben. Punkt. Frau hätte ja auch IT studieren können, nicht wahr? Dabei wird dann gerne übersehen, dass auch die vermeintlichen Vernunftlösungen heutzutage nicht automatisch zu materieller Sicherheit, sondern genauso in prekäre Arbeitsverhältnisse führen.

Wenn die Jungen erkennen, dass sie einem falschen Glaubenssatz aufgesessen sind, werden sie wohl doch noch zu kämpfen beginnen. Es wird sich nur nichts an ihrer Lage ändern, solange die Alten (und damit die etablierten Entscheidungsträger) selbst noch dem falschen Glaubenssatz nachhängen, die richtige Berufs- oder Studienwahl wäre automatisch ein Schutz vorm Prekariat.

 

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